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Julius berichtet von einer Tour, die er nicht so schnell vergessen wird.

Man kommt schneller in eine Notsituation als man denkt, auch wenn man nichts dafür kann! Am Samstag den 27. Mai 2017 war ich gemeinsam mit dem Fredi K. von der PSV Schwechat auf der Zillertaler Höhenstrasse unterwegs.

 

Zillertaler Höhenstraße:Strahlendblauer Himmel und selbst auf 2000m Seehöhe eine Temperatur von 21°C waren eine ideal Kombination um die perfekte Aussicht und die schönen Kurven zu genießen. Dieser Zustand änderte sich schlagartig als wir auf Höhe Hippach um einen Bergrücken kamen. Dort zeigte sich folgendes Bild:

Links unterhalb der Straße standen weiter vorne Hängegleiter in einer Wiese abgestellt. Einer der Gleiter war jedoch knapp 100m vor uns, rechts, gut 10m oberhalb der Straße, seltsam in den Berghang geparkt und es liefen gerade einige Personen zu dieser Stelle. Als wir näher kamen sahen wir, dass es sich um einen Flugunfall handelte. Die Autos vor uns fuhren an der Unfallstelle vorbei, wir blieben stehen und ich erkundigte mich ob Hilfe benötigt wird.

Die Antwort aus der Gruppe kam prompt „kennt sich einer von euch aus? Der da speibt sich gerade an, hast du Gummihandschuhe?“

Ich bejahte beide Fragen, stellte das Bike etwas entfernt ab um den hoffentlich nachrückenden Rettungskräften Platz zu lassen, Helm runter, Motorradhandschuhe aus-ziehen, Tasche für Kofferschlüssel öffnen, Schlüssel raus-suchen, Topcase öffnen, richtige Tasche mit den Hand-schuhen finden, öffnen, kleine Tasche mit den Handschuhen finden …. – gefühlt eine Ewigkeit… Fuck, ich habe keine Beatmungstuch mit, muss ohne gehen…

Endlich beim Verletzten eingetroffen, riefen die anderen Helfer schon „schnell, schnell, der atmet nimma und Puls hat er auch keinen!“. Der Verletzte lag am Rücken, im Liege-sack des Gleiters, Helm war schon abgenommen, aber er lag auf dem extrem steilen Abhang mit den Füßen bergab. Bei jedem Pumpen der Herzdruckmassage rutschte er runter, so konnte man nicht arbeiten. Auf Kommando hoben wir den verletzten Mann vorsichtig, im Sack liegend, den Kopf unterstützend, auf die Straße, jetzt konnte die Reanima-tion richtig starten. Im Hintergrund landete schon der Rettungshubschrauber, professionelle Hilfe war da. Der Notarzt begutachtete nickend die Szene und meinte „weitermachen“. Der Flugretter schloss dem Patienten einen Defi an, einen der auch ein EKG schreiben kann. Der Mann wurde intubiert, ein Atembeutel angeschlossen,

Zugänge wurden gelegt, eine Infusion angeschlossen und Medikamente intravenös verabreicht.

 

Nach einer Weile meine der Arzt „so, jetzt bitte die Herzdruckmassage aussetzen, Beatmung weitermachen“. Das EKG zeigte Wellen und die ständigen Sprachansagen des Defibrillators verstummten endlich. Der Arzt:  „Ihr habt ihn wieder zurückgeholt, gratuliere!“. Jetzt stabili-sierte der Crew den Mann mit zusätzlichen Medikamenten und ich holte mit dem Piloten die Kranken-trage aus dem Hubschrauber. Wir hoben den Gleiterpiloten vorsichtig aus dem Liegesack und betteten ihn auf die Vakuummatratze der Trage um. Ab in den Hubschrauber und sie flogen direkt nach Innsbruck auf die Intensivstation.

 

Resümee:

.) Einweghandschuhe gehören im Topcase nach oben gepackt, nicht nach unten und man braucht mehr als 3 Paare…!

.) Ausrüstung muss um ein Beatmungstuch erweitert werden!

.) Herzdruckmassage funktioniert nur im Flachen richtig!

Nachsatz:

Ich hab mich am nächsten und drei Tage später nach dem Patienten erkundigt. Natürlich dürfen mir die in Innsbruck nichts Genaues sagen, meinten aber „die Reanimation war wichtig und gut und er ist am Leben“.Leider ist der Patient, wie wir aus den Medien erfahren haben ein 52-jähriger Deutscher der mit Familie am Achensee Urlaub gemacht hat, eine Woche nach dem Unfall seinen schweren Verletzungen erlegen.

Resümee 2:

.) jeder sollte mindestens einen 16-Stunden Erste-Hilfe-Kurs haben und diesen regelmäßig auffrischen!

.) egal was du bei Herz- und/oder Atemstillstand tust – es ist alles richtiger als daneben zu stehen und nicht zu tun / zu können!!

Nachsatz 2:

Exakt 2 Wochen später bin ich mit einer anderen Motorradgruppe erneut zu einem Unfall gekommen, direkt vor unseren Augen passiert. Diesmal war der Fahrer aber leichter verletzt und ansprechbar… - also ned denken „das passiert mir nicht“, es geht schneller als man denkt, auch wenn man nichts dafür kann!